Inh. Thomas Pahlmann
Klavier- u. Cembalobaumeister

Inh. Thomas Pahlmann, Klavier- u. Cembalobaumeister

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Kleine Klavierkunde

Das Klavier zählt mit all seinen Ahnen und Abarten zu den Chordophonen.
Das Chordophon ist ein Einsaiter (ein Bambusrohr, aus dem aus der Außenhaut ein Band gelöst und mit Hölzchen an den Enden unterlegt wurde), die Urform des Musikstabes. Daraus entwickelten sich bald mehrsaitige Instrumente mit verschiedenen Saitenlängen und Saitenstärken, z.B. Polychord, Hackbrett, Kielinstrumente, Pantaleon, Hammerklavier und das heutige Klavier und der Flügel.

Die revolutionärste Erfindung für den heutigen Klavierbau machte der Cembalobauer Bartolomeo Cristofori (1655-1731) in Florenz gegen 1709 mit dem Gravicembalo col Piano e forte (übersetzt: Cembalo, das man laut und leise spielen kann).
Auf der Grundlage dieses Instrumentes wurde im Laufe der Jahre das Piano, wie es später genannt wurde, immer weiter perfektioniert und hat sich so bis zum heutigen Tage durchgesetzt.

Das moderne Klavier besteht im Wesentlichen aus 4 Bauteilen

1. Die akustische Anlage

Die Raste (aus Holz) ist das Lager für den Resonanzboden und soll, gleichzeitig bei der Strahlen- und Sternraste, die Zugkräfte der Saiten mit aufnehmen.

Auf die Raste wird ein durch Rippen vorgewölbter Resonanzboden aufgeleimt. Die Wölbung ist notwendig, um den Druck zwischen Saite und Steg zu erhöhen. Der Steg ist mit dem Resonanzboden fest verleimt und überträgt die Schwingungen der Saite auf den Resonanzboden.

Sternraste

Sternraste

Auf Raste und Resonanzboden wird aus Gründen der hohen Zugkraft der Saiten (ca. 20.000 kg !) ein Gußrahmenaus Grauguß aufgepaßt. Auf dem Gußrahmen werden dann die Saiten zwischen Anhangstift und Stimmwirbel aufgezogen.

Detailaufnahme vom Gussrahmen

Gußrahmen


Detailaufnahme vom Wirbelfeld

Wirbelfeld


Die Saiten bestehen alle aus gezogenem, unbehandeltem Stahl. Die Mittellage-und Diskantsaiten bestehen aus mindestens 14 verschiedenen Stärken und sind immer aus Rundstahl.

Die Baßsaiten
Saiten

Die Baßsaiten können im Kern aus Rund- sowie gezogenem Sechskantstahl bestehen, die früher mit Eisen und Heute mit Kupfer umsponnen werden, damit tiefere Frequenzen erreicht werden können.

Kupferdrahtrolle

Kupferdrahtrolle


Film:Spinnen einer Klaviersaite
Film: Spinnen einer Klaviersaite (MPEG-1, 352x288, 2,5MB)

Um sich gegen die klangstarken Baßsaiten durchsetzen zu können, werden im Mittellage-und Diskantbereich 3 Saiten (Chor) pro Ton aufgezogen. Im Übergang Mittellage --> Baßbereich bis 70 % 3/2-saitig und die letzten 30 %    1-saitig. Durch die verschiedenen Längen und Stärken der Saiten ergeben sich Tonhöhe und Lautstärke.

Der Diskantbereich (Chor)

Diskantbereich (Chor)

2. Die Mechanik

Die Mechanik, auch Getriebe oder Maschine genannt, ist das Bindeglied zwischen dem Tastenende und der akustischen Anlage. Die an einem Mechanikbalken befestigten Hebe-, Hammer- und Dämpfungsglieder sind so aufeinander abgestimmt (reguliert), daß eine saubere und schnelle Repetition (Spielgeschwindigkeit) gewährleistet wird.
Über 80 Einzelteile sind nötig, um den ca. 5-fachen Weg der Spieltiefe der Taste zu erreichen, bis der Ton zu hören ist. Die wesentlichen mechanischen Erfindungen in den letzten Jahren war die Repetitionsfeder der Firma Sauter und die Magnetmechanik der Firma Seiler.

Detailaufnahme einer Pianomechanik

Mechanik

Der Unterschied zwischen einer Klavier- und einer Flügelmechanik besteht im Wesentlichen darin, daß die Flügelmechanik unter den Saiten liegt, und der Hammer von unten nach oben gegen die Saiten schlägt, während die Pianomechanik aufrecht vor den Saiten steht. 

Illustration einer Pianomechanik

Die Flügelmechanik kann durch die liegende Position und der anderen Mechanikbauweise eine schnellere Repetition erreichen. Seit einiger Zeit können die Mechaniken, auch nachträglich, mit Tonabnehmersystemen ausgerüstet werden, die auf elektronischem Weg ein lautloses Klavierspiel und die Tonwiedergabe über Kopfhörer ermöglichen. Auch Einspeisung anderer synthetisch erzeugter Klänge ist möglich

Illustration einer Flügelmechanik

3. Die Klaviartur (Tastatur)

Die meisten Klaviere und Flügel haben 88 Tasten, bei älteren Modellen fehlen im Diskant 3 Tasten und bei einigen namhaften Herstellern gibt es große Flügel mit 4 oder 9 zusätzlichen Tasten im Baß. Als Tastenbelag wurde früher Elfenbein in Verbindung mit schwarzen Ebenholz-Halbtontasten oder Knochen verwendet. Da die Einfuhr von Elfenbein Heute verboten ist, werden die Tastenbeläge aus Kunststoff hergestellt. Das Trägermaterial ist Heute wie damals ausgesuchtes Fichtenholz. 

Die Klaviatur (Tastatur)

Klaviatur


4. Das Gehäuse

Die Gehäuse aus den Anfängen des Klavierbaues waren teilweise massiv, oder aus mit Edelholz furnierten Tischlerplatten. Aufwendige Schnitzereien und Laubsägearbeiten zierten damals die meisten Instrumente.

Die Trägerplatten einiger preiswerter, osteuropäischer Hersteller heutiger Zeit bestehen aus furnierter Spanplatte, während die westeuropäischen Hersteller immer noch mit Tischlerplatten und auch mehrschichtverleimten Platten arbeiten.

Die Intarsienarbeiten wurden früher von Hand und Heute mit mikroprozessorgesteuertem Lasercomputer geschnitten. Die Oberflächenveredelung war bei alten Klavieren eine aufwendige Schellacklackierung. Die heutigen Instrumente werden mit einer gewachsten, satinierten (Nitro), Polyurethan oder einer gegossenen Hochglanz- Polyesteroberfläche angeboten. Auf dem Bild rechts sehen Sie die von Erich Pahlmann gefertigte Rosette eines Cembalo.

Von Erich Pahlmann gefertigte Rosette eines Cembalo

Rosette